Tagebücher
In seinen Tagebüchern erwähnt Max Beckmann das Gemälde am 24. / 25. August, 8. / 14. / 19. Oktober, 4. / 12. / 15. / 16. / 23. / 28. November, 4. / 5. und 22. Dezember 1946 (siehe auch 26. und 31. Dezember 1946).
Briefe
In seinen Briefen erwähnt Max Beckmann das Gemälde am 12. September 1946 (Nr. 785, S. 136) und 7. Oktober 1946 (Nr. 786, S. 136; siehe Anmerkungen S. 425, 426)
Portrait of Curt Valentin and Hanns Swarzenski
Atelier Max Beckmann
New York, Curt Valentin (1946 bis 1954; Schenkung)
Cambridge, Hanns Swarzenski (1954 bis 1985; Vermächtnis oder Kauf)
Nachlass Hanns Swarzenksi (1985 bis 29. Nov 1989)
BOSTON Museum of Fine Arts (seit 29. Nov 1989; Schenkung)
Quellen
GÖPEL ERHARD / GÖPEL BARBARA 1976
Provenienzforschung in BOSTON Museum of Fine Arts
MoMA Curt Valentin Albums - Black 2
Wörtlich zitiert nach Göpel Erhard / Göpel Barbara 1976, S. 438f.:
Der Kunsthändler Curt Valentin (rechts, geb. 1902 in Hamburg, gest. 1954 in Forte dei Marmi, im Hause von Marino Marini) und der Kunsthistoriker Dr. Hanns Swarzenski (geb. 1903 in Berlin, lebt in Rye, N.Y.). Die Dargestellten waren Freunde. Sie kannten MB seit den zwanziger Jahren. Das Bildnis entstand ohne Auftrag.
Curt Valentin war in Berlin Mitarbeiter von Alfred Flechtheim, der bis 1932 mit MB einen Vertrag hatte. Nach Auflösung der Galerie 1933 trat V. in die Buchhandlung von Karl Buchholz ein (Berlin, Leipzigerstrasse 119-120) und leitete die angegliederte Galerie, die sich besonders mit expressionistischer Kunst befasste. Im Januar 1937 wanderte V. nach New York aus und gründete dort im Auftrag und mit Unterstützung von Karl B. die Buchholz Gallery (zunächst 3 West 46th Street, ab 1938 32 East 57th Street; im Oktober 1951 in Curt Valentin Gallery umbenannt). Mit grossem Elan setzte sich Curt Valentin für europäische und für die in Deutschland verfemte moderne Kunst ein, unbeirrt von den Schwierigkeiten des Anfangs. Die erste Beckmann-Ausstellung in der Buchholz Gallery 1938, die anschliessend in sechs Städten der USA gezeigt wurde, hatte «wohl einen moralischen Erfolg, aber überhaupt keinen finanziellen» (Brief von V. an MB, 27. Sept. 1938). Nur durch einen Tausch gelang es ihm 1942, das Triptychon Abfahrt (Nr. 412) im Museum of Modern Art in New York zu plazieren.
1945 nahm V. die im Kriege unterbrochene Verbindung mit MB sogleich wieder auf. Er reiste nach Amsterdam, traf feste Abmachungen mit MB, Bilder und Zeichnungen aus der Kriegszeit wurden nach New York verschifft. Nach Jahren der Isolation in Amsterdam fühlte sich MB «wieder (äusserlich) im Centralnervensystem der Menschheit» (Tagebuch 22. April 1946). Die Austeilungen in der Buchholz Gallery, von reizvollen Katalogen mit dem von André Masson gezeichneten Signet begleitet, waren nun in jeder Hinsicht erfolgreich. Sie haben Kenntnis und Geltung von Beckmanns Kunst in den USA entscheidend gefördert. Die Berufung von MB nach St.Louis ging auf eine Idee von V. zurück, die von Ferry Rathbone und Kenneth Hudson (siehe Nr. 773, 800) aufgegriffen und verwirklicht wurde. MB hat die Aktivität seines Händlers und die spontane, unkonventionelle Menschlichkeit seines Freundes Curt Valentin gleichermassen geschätzt. Als Dank schenkte er ihm sein Porträt.
Über V. und seine Beziehung zu MB siehe die zahlreichen Erwähnungen seiner Person im Tagebuch sowie P. Rathbone im Katalog der Ausstellung In memoryof Curt Valentin, New York 1954, S.3-5 (wiederabgedruckt in: A tribute to Curt Valentin, Ausstellungskatalog St. Louis 1955). Siehe auch Göpel 1955 S. 23-24; Werner Haftmann, Ein deutscher Kunsthändler in Amerika, in: Jahresring 1958,59, Stuttgart 1958,
S. 175-188; Katalog der Ausstellung New York 1963, A tribute to Curt Valentin. Die aufschlussreiche Korrespondenz von MB mit V. aus den Jahren 1937-1950 wird im Museum of Modern Art, New York, aufbewahrt (zahlreiche meist unveröffentlichte Briefe von MB).
Hanns Swarzenski wurde in das freundschaftliche Verhältnis Beckmanns zu seinen Eltern, Prof. Georg Swarzenski und
Marie S. (siehe Nr. 222), in jungen Jahren einbezogen. Als er 1927 mit einem Stipendium der Harvard University in die USA ging, kündigte MB ihn bei I.B.Neumann an als jemanden, «der sich für alles interessiert». Sein Fachgebiet ist die Kunst des Mittelalters. Das Corpus der lateinischen illuminierten Handschriften des 13. Jahrhunderts, das S. 1936 beim Deutschen Verein für Kunstwissenschaft herausgab, ist bis heute ein unentbehrliches Hilfsmittel der Forschung. Vom Honorar für diese Publikation erwarb S. das Gem. Nr. 441.
In den zwanziger und frühen dreissiger Jahren, während seiner Tätigkeit am Kaiser-Friedrich-Museum und in der Schlösserverwaltung, lebte S. in Berlin. Dort ist er Beckmann oft begegnet. Hin und wieder erschien MB in einer Stammtischrunde bei Stöckler am Kurfürstendamm, wo S. seine Freunde Alfred Hentzen, Richard Tüngel, Valentin, gelegentlich auch Mies van der Rohe traf. In der «Junggesellenbude» von S. entstand 1929 das Bildnis Curt Glaser (Nr. 304; nach Mitteilung von S.).
S. hat Europa 1936 verlassen. Nach seiner Tätigkeit am Princeton Institute for Advanced Study und an der National Gallery in Washington übernahm er 1957 die Leitung des Department of Sculpture and Decorative Art am Museum of Fine Arts in Boston. In den USA haben sich MB und S. wiederholt getroffen. Siehe die Erwähnungen Swarzenskis im Tagebuch. Zu seinen Veröffentlichungen über MB siehe Bibl. 1096, 1747.
Das Doppelbildnis entstand, als MB die Dargestellten nach mehrjähriger Trennung wiedersah. Im Juli 1946 kam Curt Valentin nach Amsterdam. Die erste Zeichnung ist «Juli 46» datiert (Abb. S.I 589). Weitere Zeichnungen entstanden im August. Eines der Blätter ist im Besitz von Armand G.Erpf, New York, der Verbleib der übrigen Zeichnungen ist nicht bekannt. Während der Entstehung des Gemäldes kam V. noch zweimal nach Amsterdam. Mit Brief vom 17. September 1946 schickte er MB «photographs after my beautiful face because you asked me to» (Abb. S.I/589).
Hanns Swarzenski besuchte MB, der sich einige Tage am Meer auf hielt, Anfang September in Noordwijk (lt. Brief von MB an Valentin vom 12.Sept. 1946). Am 9.Oktober wurde das Gemälde als Doppelbildnis entworfen (Tagebuch). Als S. drei Tage später nach Amsterdam kam, zeichnete ihn MB. Die Zeichnung ist im Besitz von S. und nach seiner Auskunft sehr porträtähnlich (Abb. in Katalog Ausstellung Karlsruhe 1963 und in: Intuition und Kunstwissenschaft, Festschrift für Hanns Swarzenski, Berlin 1973). Nach Mitt. von MQB und S. entstanden keine weiteren Zeichnungen. Bei seinem Besuch brachte S., Kenner auch auf diesem Gebiet, einige Flaschen Wein mit - ein damals kostbares Geschenk. Bis zur Fertigstellung des Bildes hat MB S. nicht wieder gesehen. S. schickte ihm auf seinen Wunsch Fotos.
Die Leinwand für das Gemälde wurde aus einem alten, grösseren Bild geschnitten. Rückseitig auf der umgeschlagenen Lwd. befinden sich an drei Seiten Reste einer Bemalung wie bei Gem. Nr. 737 sowie farbige Striche parallel zu den Schnittkanten.
Im Doerner-Institut München wurden im Januar 1969 drei Röntgenaufnahmen vom mittleren Teil der rechten Bildhälfte hergestellt. Sie lassen Reste der alten Bemalung, jedoch keine durchgehende Darstellung erkennen. Ausserdem ist das Pentiment einer Hand sichtbar, offensichtlich in der Malweise der vierziger Jahre. Es lässt darauf schliessen, dass Curt Valentin ursprünglich frontal gesehen dargestellt war. Die Röntgenaufnahmen befinden sich im Doerner-Institut.
Das Bild ist bei Reifenberg zweimal verzeichnet, R 520 (Zwei Männer mit Kerze, 1943), R 610. Bei dem Titel R 520, der weder in MB-Liste, Tagebuch oder Briefen noch in der Literatur erscheint, kann es sich nur um eine zweite Eintragung des Valentin-Swarzenski-Porträts unter falschem Datum handeln. Sie dürfte auf eine ungenaue Information über das bis 1949 nicht reproduzierte, vorliegende Bild zurückgehen.